• Wein dekantieren oder karaffieren: Wann mache ich was und wie!

    Wein entfaltet sein volles Potenzial oft erst durch gezielte Belüftung – und oft reicht es nicht den Wein nur im Glas beim „Luft holen“ zu zusehen.

    Ein Dekanter oder eine Karaffe muss her!

    Zwei Methoden stehen hierfür zur Verfügung: Dekantieren und Karaffieren.

    Beide können den Weingenuss erheblich steigern, werden aber häufig verwechselt. Darum schauen wir uns das Thema mal etwas genauer an. Wir zeigen, was die Unterschiede sind und vor allem, wann man wie welche Technik einsetzt.

    Schließlich will man ja das Beste aus seinem Wein herausholen.

    Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung: Die Bedeutung der Weinbelüftung
    2. Dekantieren und Karaffieren: Definition und Unterschiede
    3. Wann sollte man Wein dekantieren oder karaffieren?
    4. Die richtige Technik: So dekantiert und karaffiert man richtig
    5. Das passende Equipment: Dekanter vs. Karaffe
    6. Fazit: Die Kunst der Weinbelüftung für optimalen Genuss

    Einleitung: Die Bedeutung der Weinbelüftung

    Sobald eine Flasche Wein offen ist und der Wein im Glas ist, verändert sich der (hoffentlich) edle Tropfen.

    Viele ältere Weine, aber auch jüngere, gerbstoffreiche Weine entfalten ihr volles Potential erst mit ordentlich Sauerstoff.

    Problem dabei: Keiner will ewig vor jedem Glas sitzen und warten bis die Belüftung wieder passt. Der Flaschenhals selbst ist nun auch nicht gerade ideal zu Zweck der Belüftung.

    Also hat man angefangen, Weine in ein zumeist bauchartiges Gefäß mit einem nach oben hin engerem Hals zu leeren.

    So weit so gut.

    Die unterschiedlich großen Flächen lassen den Wein nun mit Sauerstoff in Kontakt treten und „atmen“. Der etwas dünnere Einlass verhindert zugleich, dass alle Aromen gleich den Weg in den Himmel antreten.

    Die Belüftung ist sicherlich ein extrem wichtiger Aspekt – aber je nach Situation nicht der einzige.

    Aber das schauen wir uns je nach Methode im Detail an!


    Dekantieren und Karaffieren: Definition und Unterschiede

    Bei beiden Methoden füllt man den Wein aus der Flasche in eben ein meist bauchartiges Gefäß mit engerem Hals.

    Beim Dekantieren ist das ein langsamer und behutsamer Vorgang. Vor allem bei älteren Weinen kommt diese Methode zur Anwendung.

    Vorteile:

    • Einerseits wie bereits beschrieben die Belüftung. Tannine werden zugänglicher, Aromen können sich entfalten und ihre volle Wirkung schneller erreichen.
    • Trennung von Wein und Depot (sofern vorhanden): Denn dieser Bodensatz mit all seinen Sedimenten, fühlt sich im Mund selten angenehm an. Gerade ältere, und da wiederum Rotweine haben diese in der Flasche.
    • Theoretisch kann man auch bei gebrochenen Korken diese Teile abtrennen – aber nehmt dafür lieber auch mal ein Sieb zur Hilfe!

    Beim Karaffieren geht es idealerweise richtig schwungvoll zu – die Flasche kann quasi einfach nur umgedreht werden und in das Gefäss „sturz“ karaffiert werden.

    Vorteil:

    • (Sturz)-Karaffieren lässt den Wein sofort mit sehr viel Sauerstoff in Kontakt treten. Gerade jüngere Weine und jene mit viel Gerbstoff können davon profitieren und schneller „aufmachen“.

    Wann sollte man Wein dekantieren oder karaffieren?

    DIE Frage schlechthin – und gleich hinten nach die schlechte Antwort: Es kommt drauf an!

    Natürlich gibt es ein paar Hilfestellungen, die gerade „Anfängern“ helfen können.

    Erste wichtige Frage: Braucht der Wein überhaupt Luft?

    Wenn nein, dann lasst ihn in der Flasche – so mancher Wein geht bei zuviel Luft in die Knie und dann war es das mit der Freude.

    Wie findet ihr das raus? Relativ einfach – ein kleines Probierschlückchen in ein Glas und selbst entscheiden.

    Das benötigt etwas Erfahrung, aber da wollen wir ja hin!

    Wenn der Wein sehr verhalten schmeckt und riecht, oder beispielsweise feste Tannine aufweist, sprich gerbstoffreich ist, kann es durchaus Sinn machen diesen zu belüften.

    Zweite wichtige Frage: Hat der Wein ein Depot?

    Wenn ja, lassen wir karaffieren gleich mal aus! Schließlich wollen wir das Depot ja trennen. Lieber den Dekanter ein paar mal mehr Schwenken samt dem Wein.

    Sowohl Weiß- als auch Rotweine kommen für eine Belüftug im Dekanter in Frage. Lasst euch da bitte nichts anderes erzählen, es hängt eher vom Alter und Typ des einzelnen Weins ab.

    Bleibt die Frage, wie lange im Vorhinein man einen Wein karaffieren sollte.

    Auch das ist leider höchst unterschiedlich! Unser Sangiolo di Leo kann locker 1-2 Tage (!) im Vorhinein karaffiert werden, bei vielen anderen merkt aber schon nach kurzer Zeit, 20-30 Minuten, merkliche Veränderungen.

    Auch hier gilt: Probieren und nicht soviel studieren.

    PS: Schaumweine sollten weder dekantiert noch karaffiert werden! Denn die Perlage wird das ausnützen und sich gleich richtig schnell aus dem Gefäss machen.


    Die richtige Technik: So dekantiert und karaffiert man richtig

    Wenn wir uns also entschieden haben, welche der beiden Varianten für unseren Wein die Richtige ist bleibt die Frage:

    Wie genau füllt man den Wein in den Dekanter ein?

    Fangen wir beim einfacheren an – dem Karaffieren!

    Karaffieren von Wein

    Viele haben viel zu viel Angst davor, den Wein so richtig mit Schwung in den Dekanter zu befördern.

    Keine Sorge, der Wein geht nicht kaputt! Versprochen!

    Zur Erinnerung, wir wollen Luft für den Wein!

    Darum: Die Flasche an die Öffnung an den Dekanter setzen, und die Flasche sofort vertikal nach oben richten damit der Wein richtig in den Behälter schießt! Profis sorgen dafür, dass durch einen minimalen Winkel der Wein auch gleich oben bei der Öffnung des Dekanters „anschlägt“ und dadurch noch mehr Luftzirkulation erhält.

    Genau darum heißt es auch „Sturz-Karrafieren“!

    In ein paar Sekunden sollte alles erledigt sein und der Wein im Dekanter sein.

    That’s it! Eigentlich ganz einfach und simpel.

    Man darf nur nicht den Fehler machen, eigentlich karaffieren zu wollen, aber so vorsichtig zu agieren wie beim dekantieren!

    Dekantieren von Wein

    Hier müssen wir schon ein wenig mehr aufpassen – aber auch das ist keine Raketenwissenschaft.

    Da wir ja vor allem das Depot vom Wein trennen wollen, sollten wir erstmal sicherstellen dass wir genug sehen.

    Dunkle Umgebung, dunkle Flasche, dunkler Wein – schlechte Kombination!

    Daher nehmen Profis beispielsweise eine Kerze, die neben den Dekanter gestellt wird und dadurch etwas Sicht in den Flaschenhals erlaubt. Andere nehmen aber auch einfach die Taschenlampen-Funktion ihres Smartphones. Völlig egal, hauptsache man sieht etwas!

    Auch wichtig: Wie wurde der Wein gelagert? Eine stehende Flasche hat wahrscheinliche die Sedimente bereits im Boden, bei horizontal gelagerten Flaschen (wie meist üblich) liegen diese eher auf der Seite.

    Das heißt entweder man plant voraus und stellt die Flasche bereits einige Zeit vorher gerade – oder man muss eben noch ein wenig mehr aufpassen.

    Nun kommt der entscheidende Teil:

    • Zu aller erst neigt die Flasche langsam in Richtung des Dekanters. Langsam!
    • Achtet darauf, dass der Flaschenboden zunächst nicht steiler als ungefähr 45 Grad steht und haltet die Flasche ruhig, damit der Bodensatz und das Depot ungestört bleiben.
    • Der Wein sollte langsam und in einem gleichmäßigen Strahl in den Dekanter gegossen werden.
    • Vermeidet unnötige, ruckartige Bewegungen und lasst stets etwas Raum an der Flaschenöffnung für den Luftaustausch.
    • Aber immer und unbedingt den Bodensatz im Auge behalten – er ist der Schlüssel zum perfekten Timing!
    • Sobald der Bodensatz sich dem Flaschenhals nähert, ist es Zeit für eine kurze Pause. Stellt die Flasche vorsichtig ab und lasst diese einen Moment der Ruhe.
    • Dann setzt den Prozess fort, bis nur noch wenig Wein samt Bodensatz in der Flasche verbleiben, und man nicht mehr sicher trennen kann. Vergesst dabei jegliche „30ml sollten in der Flasche bleiben“-Angaben – das ist graue Theorie.

    Voilà – der Wein ist nun perfekt dekantiert und bereit, sein volles Aroma im Dekanter zu entfalten.


    Das passende Equipment: Dekanter vs. Karaffe

    Im wesentlichen haben wir nun 2 Methoden beschrieben.

    Gibt es aber nun auch 2 unterschiedliche Behälter dafür, oder ist ein Dekanter und eine Karaffe dasselbe?

    Technisch gesehen gibt es dafür wirklich unterschiedliche Behälter.

    Aber für wahrscheinlich 98% der Menschheit reicht ein Dekanter, der speziell für die Belüftung von Weinen geformt ist, für beide Techniken aus.

    Aus unserer Sicht also eine eher vernachlässigende Diskussion – den Luft will man ja in beiden Fällen haben, und nicht jeder Dekanter ist gleich.

    Dennoch hier kurz die wesentlichen Unterschiede:

    Dekanter

    • Form: Meist bauchig mit breiter Basis und engem Hals
    • Funktion: Optimiert für langsames Eingießen und Trennen von Sedimenten
    • Besonderheit: Oft mit flachem Boden für stabiles Stehen

    Karaffe

    • Form: Vielfältiger in der Gestaltung, oft schlanker
    • Funktion: Primär für schnelles Belüften und Servieren
    • Besonderheit: Manchmal mit Ausgießer für leichteres Einschenken

    Fazit: Die Kunst der Weinbelüftung für optimalen Genuss

    Ob Dekantieren oder Karaffieren – beide Methoden können eurem Wein den nötigen Kick geben, um sein volles Potenzial zu entfalten.

    Welche Methode ihr wählt, hängt vom Wein ab: Vor allem Weine mit Depot profitieren vom behutsamen Dekantieren, während älter oder jüngere, tanninreiche Weine durch Karaffieren richtig aufblühen können. Dabei spielt die Farbe, also Weiß- oder Rot (oder auch Orange!) keine Rolle.

    Die richtige Belüftungsdauer ist eine Sache der Erfahrung. Probiert euch durch und vertraut eurem Geschmack! Ein guter Dekanter reicht für beide Methoden aus, also macht euch da keinen Kopf.

    Am Ende zählt nur eins: dass der Wein euch schmeckt und ihr ihn in vollen Zügen genießt. Also ran an den Dekanter und lasst euren Wein atmen – ihr werdet den Unterschied schmecken!


    Ein Beitrag aus dem TPC Weinguide Vinopedia: Weinwissen und Weinkunde für Anfänger und Profis

    Bildquellen:

    • Titelbild: bindella.ch