In Filmen und auf Galas sieht man es ständig: Menschen in Maßanzügen, teure Kulissen, funkelnde Gläser – und doch halten sie ihr Weinglas am Kelch. Selbst dort, wo jeder Handgriff perfekt inszeniert scheint, fehlt ausgerechnet das Feingefühl in dieser kleinen, entscheidenden Geste.
Das mag banal wirken. Doch gerade darin liegt die Ironie: Wer Millionen bewegt oder ganze Marken repräsentiert, verliert im Moment des Genusses die Haltung. Und während die Kamera glitzert, erwärmt sich der Wein, trübt sich das Glas – und mit ihm die Eleganz.
Die Art, wie man ein Weinglas hält, ist kein Protokollthema. Es ist eine Frage des Bewusstseins. Sie entscheidet, ob der Wein in seiner Balance bleibt, ob er klar wirkt, duftet, lebt – oder ob er im wahrsten Sinn des Wortes an Fassung verliert.

Eine kleine Geste – mit großer Wirkung
Viele achten beim Wein auf alles – Herkunft, Rebsorte, Glasform. Doch kaum jemand denkt darüber nach, wie er das Glas hält. Dabei ist diese Bewegung entscheidend: Sie bestimmt, ob der Wein seine Temperatur, Klarheit und Anmut behält – oder nicht.
Das richtige Halten ist kein Zeichen von Etikette, sondern von Bewusstsein. Es zeigt Respekt – nicht nur gegenüber dem Wein, sondern auch gegenüber dem Moment. Wer das Glas richtig führt, hält nicht einfach einen Gegenstand in der Hand. Er führt eine Haltung aus: ruhig, kontrolliert, selbstverständlich.
In der Welt des Weins zählt nicht Lautstärke, sondern Präzision. Und manchmal beginnt sie genau hier – zwischen Daumen, Zeigefinger und einem hauchdünnen Stiel aus Glas.
Warum es wirklich zählt
Ein Weinglas ist mehr als ein Gefäß. Es ist Teil der Komposition, die den Charakter eines Weins bewahrt. Wer es am Kelch hält, verändert diese Balance – oft unbemerkt, aber deutlich spürbar.
Die Wärme der Hand überträgt sich direkt auf den Wein. Ein Weißwein, der kühl und präzise serviert wurde, verliert binnen Minuten seine Spannung. Auch Rotweine, die leicht atmen dürfen, sollen sich im Glas entfalten – nicht in der Hand.
Hinzu kommt die Optik. Fingerabdrücke auf dem Glas zerstören das klare Lichtspiel, das den Wein erst richtig zur Geltung bringt. Und beim Riechen? Wer den Kelch umfasst, riecht unweigerlich auch seine Hand. Subtil vielleicht, aber genug, um das Bukett zu verfälschen.
Die richtige Haltung ist also kein Formalismus. Sie ist Teil des Genusses – unscheinbar, aber entscheidend.
Die richtige Haltung
Das Glas gehört an den Stiel. Nicht aus Tradition, sondern aus Funktion. Nur so bleibt der Wein in seiner Temperatur, die Oberfläche frei von Spuren und der Duft unverfälscht.
Der Griff ist einfach: Daumen, Zeige- und Mittelfinger fassen den Stiel im unteren Drittel, locker, fast beiläufig. Die Hand bleibt ruhig, das Glas in Balance. Wer möchte, kann es auch am Fuß halten – besonders bei längeren Verkostungen oder wenn das Glas bereits leicht beschlagen ist.
Entscheidend ist nicht die Geste selbst, sondern ihre Selbstverständlichkeit. Ein Glas wirkt elegant, wenn die Hand still ist, nicht wenn sie posiert. Stil entsteht nicht durch Anstrengung – sondern durch Leichtigkeit.
Bonus-Tipp für Kenner
Ein feiner Unterschied, der selten erwähnt wird: Wo man das Glas ansetzt, sagt ebenso viel über Stil aus wie die Haltung selbst. Wer aufmerksam trinkt, setzt die Lippen immer an derselben Stelle des Glasrands an.
So bleiben mögliche Spuren konzentriert – der Rest des Glases bleibt makellos. Gerade bei langen Menüs oder Degustationen wirkt das gepflegt, fast unmerklich kultiviert.
Es sind genau diese kleinen, unsichtbaren Gesten, die den Unterschied machen. Ein Glas, das bis zum letzten Schluck klar und ruhig in der Hand liegt, ist ein stilles Zeichen von Erfahrung.
Haltung als Ausdruck von Stil
Richtiges Halten ist keine Regel, die man befolgt. Es ist eine Form von Aufmerksamkeit. Wer sie verinnerlicht, handelt nicht, um gesehen zu werden – sondern aus Respekt gegenüber dem, was im Glas ist.
Wein ist ein lebendiges Produkt. Er reagiert auf Temperatur, Bewegung, Licht. Wer das versteht, behandelt ihn anders – bewusster, ruhiger, kontrollierter. Das gilt nicht nur im Service, sondern auch im privaten Genuss.
Stil zeigt sich nicht in großen Gesten, sondern in der Ruhe, mit der man die kleinen Dinge tut. Ein Glas, richtig gehalten, ist Ausdruck davon: unaufdringlich, klar, selbstverständlich.
Zusammenfassung
Ein Weinglas richtig zu halten, ist mehr als eine Formalität. Es bewahrt Temperatur, Duft und Klarheit – und damit den Charakter des Weins.
Wer den Stiel führt, vermeidet Fingerabdrücke, verfälschte Aromen und unruhige Bewegungen. Das Glas bleibt rein, der Moment bleibt fokussiert.
Solche Details sind kein Selbstzweck. Sie sind Ausdruck von Respekt, Bewusstsein und Haltung – jene leisen Zeichen, die einen echten Connaisseur ausmachen.
Ein Weinglas richtig zu halten, ist kein Snobismus – es ist Stil im Detail.
Häufig gestellte Fragen
Wie hält man ein Weinglas richtig?
Ein Weinglas wird immer am Stiel oder am Fuß gehalten – niemals am Kelch. So bleibt der Wein in seiner idealen Temperatur, das Glas sauber und der Duft unverfälscht.
Warum soll man ein Weinglas nicht am Kelch anfassen?
Die Wärme der Hand überträgt sich direkt auf den Wein. Dadurch verändert sich die Temperatur und damit der Geschmack. Außerdem entstehen Fingerabdrücke, die das Lichtspiel und die Eleganz des Glases stören.
Was passiert, wenn man das Glas am Kelch hält?
Der Wein erwärmt sich zu schnell, verliert Frische und Balance. Zudem kann der Eigengeruch der Hand beim Riechen das Bukett verfälschen.
Wie sieht die richtige Handhaltung aus?
Daumen, Zeige- und Mittelfinger halten den Stiel im unteren Drittel – locker und ruhig. Die Hand bewegt das Glas, ohne Druck oder Anspannung.
Gibt es einen Profi-Tipp für besonders gepflegte Wirkung?
Ja. Trinke immer von derselben Stelle am Glasrand. So bleiben Lippenabdrücke unauffällig und das Glas wirkt auch über mehrere Gänge hinweg makellos.
Ein Beitrag aus dem TPC Weinguide Vinopedia: Weinwissen und Weinkunde für Anfänger und Profis